Roche Bobois lebt Verantwortung als Selbstverständlichkeit

von Medianet Admin… 27/11/2024
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Möbel & Design
Roche Bobois lebt Verantwortung als Selbstverständlichkeit

Vive la difference!

Roche Bobois lebt Verantwortung als Selbstverständlichkeit

Die französische Premiummarke des Möbeldesigns Roche Bobois steht weltweit für die französische Lebensart. Ihre Fertigung erfolgt zu 100 Prozent in Europa und zeichnet sich durch ihren hohen Grad an Individualisierung und ökologischer Verantwortung aus. Erst kürzlich wurde der Wiener Flagshipstore einer behutsamen Neugestaltung unterzogen. Jacqueline Hopfer, die hierfür verantwortlich zeichnet, haben wir anlässlich der festlichen Präsentation zum Gespräch getroffen.

Interview mit Jacqueline Hopfer und Dr. Christine Müller

Sie sind die Tochter des genialen, und lange Zeit für Roche Bobois tätigen Designers Hans Hopfer, der eine ganze Reihe sehr erfolgreicher Möbel designt hat. Wie sehr hat Sie Ihr Vater geprägt?

Jacqueline Hopfer: Von meinem Vater habe ich unglaublich viel gelernt. Er war ein großer Ästhet. Mein Vater hat mich gelehrt, was schön ist. Wir gingen ins Museum, um mit den Nanas zu spielen, was für mich ganz normal war und einfach toll.

Hat Ihr Vater Sie darin bestärkt, auch Designerin zu werden?

Nein. Er meinte, man sollte weder Design noch überhaupt ein kreatives Fach studieren, weil das nichts daran ändern würde, ob man begabt sei und, dass es somit auch nichts brächte. Als sehr nützlich sah er hingegen, eben ein nicht kreatives Studium zu absolvieren – als Gehirngymnastik wie er sagte – bei meinem Vater war es die Mathematik.

Und was haben Sie studiert?

Physik. Ob er recht hatte, kann ich nicht sagen, jedenfalls habe ich mein Studium abgeschlossen. Durch den engen Kontakt zu meinem Vater, fasziniert mich aber Innenarchitektur seit ich denken kann und ich habe sehr früh begonnen, mich mit der Gestaltung von Räumen zu befassen. Es hat viel Spaß gemacht, schon während des Studiums mit meinem Vater zu arbeiten.

Wie gestaltete sich die Entwurfsarbeit Ihres Vaters?

Seine Arbeitsweise, war eher jene eines Bildhauers. Er war zwar ein sehr guter Zeichner, aber seine Herangehensweise an den Entwurfsprozess der Möbel war dreidimensional. Meist benutzte er Plastilin. Ihm war es wichtig, die Objekte während ihrer Entwicklung anfassen zu können. Das hat mir gut gefallen. Wann auch immer es mir möglich war, habe ich ihm geholfen, diese Plastilinmodelle herzustellen. Wir haben auch Präzisionswerkzeuge, die eigentlich für Zahnärzte gedacht waren, benützt, um etwa präzise Nähte darzustellen – das gelang uns wirklich gut.

Wie kamen Sie zu Roche Bobois?

Philippe Roche, ein guter Freund meines Vaters, hat ihn oft im Atelier besucht. Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich nicht für Roche Bobois arbeiten wolle. Er hat mir die vielfältigen Tätigkeiten schmackhaft gemacht, die zu gestaltenden Messestände und Shops, und meinte, so könne ich auch lernen, was kommerzielles Arbeiten bedeutet. Denn bis dahin hatte ich mir über die Marktfähigkeit eines Möbels nie Gedanken gemacht. Mir war wichtig, dass es schön aussieht. Aus dem Vorhaben, einige Monate bei Roche Bobois zu arbeiten, sind mittlerweile 30 Jahre geworden.

Ihr Hauptaugenmerk gilt also der Gestaltung von Räumen?

Und Volumen. Die Arbeitsweise meines Vaters mit dreidimensionalen Objekten ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich sehe auch sehr gut in drei Dimensionen, das hilft mir bei meiner Arbeit.

Sie sind als „Directrice du Bureau d‘Étude“ für Roche Bobois tätig. Was gehört zu Ihren Aufgaben?

Eine ganze Menge. Roche Bobois ist eine eher kleine Gesellschaft, alle Mitarbeiter sind in engem Kontakt und trotz unterschiedlicher Kompetenzen, greifen die einzelnen Tätigkeitsbereiche ineinander. Meine offizielle Aufgabe ist es, Konzepte für die Innenarchitektur der vielen Shops zu entwickeln und Räume zu schaffen, in denen die Möbel gut zur Geltung kommen.

Roche Bobois entstand 1960 als Premium-Marke im Luxussegment des Interior Designs und hat heute weltweit 260 Stores in 55 Ländern. Wiederholt taucht der Begriff „Luxus“ in den Unternehmensunterlagen auf. Was bedeutet Luxus für Sie?

Luxus und High-Level-Produkte – das hat Guillaume Demulier, der CEO von Roche Bobois gut erkannt – verkaufen sich heute einfach besser. Für eben diesen Luxus, den wir vor allem aus der Mode kennen, ist Frankreich weltberühmt. Und was steckt hinter dem Begriff Luxus? Kluges Marketing!

Hat Roche Bobois auch strukturelle Veränderungen im Unternehmen eingeführt, um diesen Aspekt des Luxus besser nach außen zu tragen?

Wir sind ein großes Team, und setzen uns gemeinsam für die erfolgreiche Vermarktung der Möbel ein. Endlich gelingt es Roche Bobois, seine DNA zu zeigen. Wir möchten, dass unsere Möbel sehr chic sind und ein bisschen gewagt. Wir trauen uns, Farbe einzusetzen und formal Ausgefallenes anzubieten. Und in Zukunft soll die Marke ein wenig luxuriöser daherkommen. Stil und Qualität verschmelzen dabei miteinander.

Ein Begriff, der bei Roche Bobois immer wieder Erwähnung findet, ist das „French Art de Vivre“. Was verstehen Sie darunter?

Wir wollen dieses gewisse Etwas – das „je ne sais pas quoi“ – vermitteln, weg von der allzu strengen Seriosität. Wir haben Spaß daran, die Dinge zu mischen, wir wollen Chic mit einer gewissen Lässigkeit.

Wie wählen Sie die Designer:innen, mit denen Sie kooperieren?

Unsere Designer:innen sind sehr vielseitig und stilistisch sehr verschieden. Ohne deren persönliche Handschrift zu verdrängen, sollen gemeinsam und in enger Zusammenarbeit mit Roche Bobois zukünftig unsere Produkte vermehrt aufeinander abgestimmt sein. Unser Ziel ist ein erkennbarer einheitlicher Stil.

Mah Jong, das legendäre Möbelstück, das Ihr Vater Hans Hopfer 1971 für Roche Bobois entworfen hat, passte mit seiner lässigen Flexibilität und simplen Grundform ganz ohne konstruktive Trägerstruktur gut in die Zeit. Wie erklären Sie sich, dass dieses Möbelstück noch heute so erfolgreich ist?

Mah Jong ist so einfach und unkompliziert gedacht, dass man mit seinen Elementen sehr kreativ umgehen kann. Die Sitzkissen kann man frei anordnen und unterschiedlich überziehen. Es funktioniert ebenso gut mit oder ohne Sockel, man kann Farben harmonieren lassen oder sie in Kontrast setzen – alles ist möglich und das Sofa sieht immer wieder anders aus. Es überzeugt durch seine kompositorische Einfachheit, durch seine Selbstverständlichkeit.

Roche Bobois legt großen Wert auf die handwerkliche Fertigungsqualität und hat für die Herstellung möglichst die besten einer Reihe europäischer Manufakturen als Kooperationspartner ausgewählt. Eine hohe Ausführungsqualität und die Möglichkeit der Individualisierung stehen dabei im Mittelpunkt.

Für die Umsetzung spezieller Entwurfsideen unserer Designer:innen, suchen wir den auch von der handwerklichen Kapazität am besten geeigneten Betrieb. Zu unseren Qualitätsmerkmalen gehört auch unsere Kundennähe. Wir fertigen je nach Wunsch selbst das kleinste Sofa und bieten eine reiche Stoffpalette, Muster, Farben und eine unglaubliche Vielfalt an Modellen.

Sie haben die Fashionindustrie erwähnt. Ist es richtig, dass auch Roche Bobois zwei Kollektion jährlich produziert? Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit?

Als Philippe Roche einst dieses Franchisesystem entwickelt hat, gab es zwei Musterkollektionen pro Jahr. Heute werden nicht nur die Shops immer kleiner und überall gefallen die selben Modelle, sondern wir sind verpflichtet unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, die Dinge einfacher und somit nachhaltiger zu machen. Schluss mit dieser Bulimie der Kreativität. Um nur mehr ökologisch vertretbares Design umzusetzen, haben wir 2011 mit dem Eco8-Label ein Bewertungstool ausgearbeitet, das den Produkt-Lebenszyklus überwacht – und Nachhaltigkeitskriterien definiert bei Entwurf, Herstellung, Transport, Reparatur bis zum Recycling. 2025 sollen all unsere neuen Produkte die Kriterien des Ökodesigns erfüllen.

Was war bei der Neugestaltung des Wiener Shops prioritär?

Am Wiener Standort ist baulich gesehen sehr viel los, alleine schon durch das Gebäude von Heinrich Ferstel aus der Wiener Ringstraßenzeit. Das komplexe Raumangebot macht es dann fast unmöglich, überhaupt noch etwas reinbringen zu können. Als ich 2009 für den ersten Umbau für den Franchisepartner Doris und Alexandre Delmas nach Wien kam, war ich allein schon von den Räumlichkeiten mit ihren hohen Decken überwältigt. Strukturell lässt sich hier nichts verändern. Ich habe also nur neue Farben und Naturtöne, Kalkputz für einen industriellen Charakter und etwas Wärme durch hölzerne Deckenelemente ausgesucht.

Sie mussten ein wenig Ruhe hineinbringen. Wie verhält es sich in anderen Stores? Sind die Gestaltungen unterschiedlich oder zählt stets der Wiedererkennungswert der Marke?

Grundlegend ähneln sich die Filialen erkennbar und folgen einem gemeinsamen Konzept. In Wien, war schon viel zu viel da. Unser Roche Bobois Konzept hier einsetzen zu wollen, hätte nicht funktioniert und der Bestand ist ja im Übrigen auch sehr schön.

Ist der Kundengeschmack weltweit unterschiedlich und muss sich die Gestaltung anpassen?

Wir haben bemerkt, dass die Menschen weltweit denselben Geschmack haben, unsere Bestseller sind überall die gleichen. Bei der Architektur kommt es hingegen auf den jeweiligen Ort an. In heißen Ländern oder jenen kalter Klimazonen ist das Tageslicht, das durch die Schaufenster in den Innenraum fällt, unterschiedlich, das verändert die Atmosphäre eines Ortes grundlegend. Man muss sich auf die jeweilige Situation einlassen, und lernen mit dem vielen Grau oder kräftigen Tageslicht umzugehen.

Eine immer neue Herausforderung also.

Durchaus. Am Ende müssen alle Orte möglichst natürlich wirken und man sollte trotz aller Unterschiede spüren, dass man sich in einem Roche Bobois Shop befindet.

Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit besonders Spaß?

Ich liebe kraftvolle Eingriffe, große Öffnungen durchzubrechen, Wände einzureißen, also wirklich einschneidende räumliche Veränderungen. Es geht darum, Volumen zu schaffen. Und genau das macht mir Spaß, Räume grundlegend auch in ihrer Struktur zu verändern. Kaputtmachen, um überraschend Neues entstehen zu lassen.

Wie lautet Ihre Definition für gutes Design?

Dazu braucht es Einfachheit und Selbstverständlichkeit. Man sollte sich fragen: Warum gab es das nicht bereits? Und keine Antwort darauf geben können, weil es so genial simpel – und ökologisch vertretbar ist.

Was macht ein Möbel zum Sammlerstück?

Unverkennbare Einfachheit und die erwähnte Selbstverständlichkeit, über die Zeit hinweg. Gutes Design folgt keiner Mode, es behält seine Wertigkeit. Ein solches Möbelstück hat Bestand durch die Klarheit, die es ausdrückt, die Reinheit der Form, durch eine Jungfräulichkeit des Entwurfsgedankens.

roche-bobois.com